Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Thomas Rießinger
Übersterblichkeit ist ein dehnbarer Begriff, dessen konkrete Ausgestaltung davon abhängt, welche Vergleichsdaten man zu Rate zieht und wie man diese Vergleichsdaten bewertet. Im Statistischen Bundesamt vergleicht man beispielsweise die Anzahl der Todesfälle mit „dem mittleren Wert (Median) der vier Vorjahre“, ohne dabei allerdings zu berücksichtigen, dass sich im Laufe dieser Vorjahre die Altersstruktur geändert haben dürfte, was sich auch auf das Sterbegeschehen niederschlägt. Ein anderer Ansatz wurde vor Kurzem von A. Weber auf dieser Plattform in verschiedenen Beiträgen vorgestellt. Eine Grundidee besteht dabei darin, eine Grundlinie zu definieren, in der keine außergewöhnlichen Ereignisse wie etwa Grippewellen vorkommen, und dann auf der Basis dieser Grundlinie die jeweilige Übersterblichkeit zu berechnen. Da die Voraussetzungen zur Bestimmung der Grundlinie angegeben werden, ist auch dieser Ansatz völlig legitim, er hat jedoch den Nachteil, dass man regelmäßig vorkommende natürliche Todesursachen wie Grippewellen aus der Normalität ausschließt. Sie gehören aber zum natürlichen Sterbegeschehen, ganz im Gegenteil zu Weltkriegen oder den Folgen grüner Wirtschaftspolitik, die mit natürlichen Todesursachen nichts zu tun haben. Auf diese Weise kommt man regelmäßig zu hohen Übersterblichkeiten, die man dann wieder entsprechend interpretieren muss.
Ich ziehe es daher vor, die Sterbedaten vergangener Jahre nicht von ausgewählten natürlichen Todesursachen zu befreien, sondern sie so zu nehmen, wie sie sind. In früheren Beiträgen hatte ich die Frage einer eventuell in Deutschland vorhandenen Übersterblichkeit für das Jahr 2020 und das erste Halbjahr 2021 untersucht und kam dabei zu dem Schluss, dass in beiden Fällen keine Übersterblichkeit vorlag. Die Methode ist einfach. Man kennt für jedes betrachtete Jahr die Aufteilung der Bevölkerung in verschiedene Altersgruppen und die Anzahl der Todesfälle, die sich in diesen Altersgruppen ereigneten. Daraus kann man sofort die prozentuale Sterbefallrate pro Jahr und pro Altersgruppe berechnen, sodass man also weiß, dass in einer bestimmten Altersgruppe eines gegebenen Jahres beispielsweise 2,5 % oder 0,7 % dieser Gruppe verstorben sind. Nun lassen sich die berechneten Raten auf das gerade zur Diskussion stehende Jahr anwenden – im aktuellen Fall also auf das Jahr 2021 –, womit man herausfindet, wie sich die Sterbefallraten vergangener Jahre auf das aktuelle Jahr ausgewirkt hätten. Tatsächlich spiegelt sich in den veränderten Altersstrukturen dann auch die veränderte Lebenserwartung wider, denn je höher das durchschnittliche Sterbealter, desto größer ist die Gruppe der Menschen hohen Alters, deren Sterberate sich deutlich von den Raten jüngerer Gruppen unterscheidet.
Zunächst ein kurzer Rückblick auf vergangene Zeiten. Im Jahr 2020 kam es in Deutschland zu keiner Übersterblichkeit. Vergleicht man die Daten des Jahres 2020 mit denen der Jahre 2006 bis 2019, so stellt man fest, dass 2020 – das erste Jahr der Pandemie – ein eher mildes Jahr war, ohne jede Auffälligkeit. Aber auch, wenn man den Vergleichszeitraum kürzer wählen will, zum Beispiel die fünf vorhergehenden Jahre, um eventuell geänderte Lebensverhältnisse einzubeziehen, war 2020 ein durchschnittliches und unauffälliges Jahr. Die zugehörige Berechnung wurde Anfang Februar 2021 vorgenommen und ging von 982.489 Todesfällen aus. In der Zwischenzeit hat sich diese Zahl durch Nachmeldungen auf 985.572 erhöht, was an der Unauffälligkeit aber nichts ändert. Verglichen mit dem arithmetischen Mittel der altersnormierten Sterbefälle der fünf vorhergehenden Jahre liegt 2020 noch immer unter dem Durchschnitt, verglichen mit dem Median nur knapp darüber. Selbst dieser Umstand verschwindet allerdings, sofern man berücksichtigt, dass 2020 ein Schaltjahr vorlag, denn in einem Schaltjahr hat man einen Tag länger Zeit zum Sterben. Rechnet man das ein, so liegt 2020 etwas unter dem Median der fünf vorliegenden Jahre.
Im ersten Halbjahr 2021 sah es ähnlich aus. Die durch Nachmeldungen erhöhte Zahl von 509.660 Todesfällen ist in der langfristigen Betrachtung ab 2006 ein niedriger Wert, in der kurzfristigen Betrachtung der vorlaufenden fünf Jahre ein durchschnittlicher: Er liegt um etwa 3.000 unter dem arithmetischen Mittel dieser fünf Jahre und um etwa 3.000 über dem Median. Man hat es daher je nach Vergleichswert mit einer entweder negativen oder positiven Abweichung vom Mittelwert um etwa 0,6 % zu tun – üblicherweise wird man eine derart geringe Abweichung weder als Unter- noch als Übersterblichkeit betrachten, sondern schlicht als durchschnittlich.
Sowohl das ganze Jahr 2020 als auch das erste Halbjahr 2021 waren somit in ihren Sterblichkeitsdaten unauffällig; die durch COVID-19 verursachten Todesfälle waren Teil des natürlichen Sterbegeschehens, wobei COVID-19 in der überwiegenden Zahl der Fälle andere Todesursachen ersetzt hat. Wie sieht es nun für das gesamte Jahr 2021 aus? Den Daten des Statistischen Bundesamtes kann man entnehmen, dass zu Beginn des Jahres 2021 in Deutschland 83.155.031 Menschen lebten. Gestorben sind in diesem Jahr, wie man wieder an den Daten des Statistischen Bundeamtes (abgerufen am 9. Februar 2022) sehen kann, 1.020.105 Menschen. Nun geht es darum, diese Zahl ins Verhältnis zu setzen zu den altersnormierten Sterbedaten vorhergehender Jahre. Um nicht allzu viele ebenso lange wie breite Tabellen aufzulisten, verweise ich für die oben erwähnten Sterbefallraten der Jahre 2006 bis 2015 auf den früheren Beitrag über die Sterblichkeit 2020; sie haben sich nicht geändert. Hier will ich in der folgenden Tabelle nur noch die Raten ab 2016 angeben.
Um ein Beispiel zu geben: In der Altersgruppe der mindestens Dreißig- aber noch nicht Fünfunddreißigjährigen sind im Jahr 2018 gerade 0,050 % – gerundet auf drei Stellen nach dem Komma – der zum Anfang dieses Jahres vorhandenen Gruppenmitglieder verstorben.
Nun kann man diese Prozentsätze wieder auf die Bevölkerungsdaten des Jahres 2021 anwenden. Die schon erwähnten Daten des Statistischen Bundesamtes sagen uns, dass die erwähnte Altersgruppe zu Beginn des Jahres 2021 aus 5.581.088 Menschen bestand. Hätten 2021 die gleichen Sterbeverhältnisse vorgelegen wie 2018, so müsste man also in dieser Gruppe mit etwa 0,050 x 5.581.088/100 = 2790,54 Toten rechnen; arbeitet man bei den Prozentsätzen mit mehr Stellen nach dem Komma und rundet das Ergebnis auf ganze Zahlen, kommt man auf 2.782 Todesfälle. Das kann man für jedes Jahr und jede Altersgruppe durchführen und erhält auf diese Weise jeweils die Gesamtzahl der Todesfälle, die man unter Anwendung der Sterbefallraten der vorhergehenden Jahre auf die Altersstruktur von 2021 erhalten hätte. Das ergibt folgendes Bild.
Die tatsächliche Zahl der Todesfälle 2021 lag nach dem Stand vom 9. Februar 2022 bei 1.020.105. In den fünfzehn vorhergehenden Jahren waren, sofern man die Altersnormierung in Betracht zieht, sieben Jahre milder und acht Jahre härter; man kann es sofort der Tabelle entnehmen. Sowohl der Median als auch das arithmetische Mittel der Todesfälle dieser fünfzehn Jahre liegen zwischen 1.030.000 und 1.040.000, sodass in der langfristigen Betrachtung auch 2021 nicht weiter auffällig war.
Man könnte es damit bewenden lassen, würde aber etwas Wichtiges übersehen. 2020 war sowohl in der langfristigen als auch in der kurzfristigen Betrachtung unauffällig, 2021 ist das nicht. Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass es härter, zum Teil sogar deutlich härter war als die fünf vorhergehenden Jahre und damit keineswegs genauso unauffällig wie 2020, das gilt auch noch für den Vergleich mit 2014. Das fällt auf. Die härteren Jahre lagen alle mindestens sechs Jahre zurück; bei der Untersuchung von 2020 war das noch völlig anders, da es weder im langfristigen noch im kurzfristigen Bereich etwas Besonderes zu bieten hatte. Grund genug, die Gepflogenheiten anderer Autoren aufzugreifen und die kürzerfristige Entwicklung genauer zu betrachten.
Man rechnet leicht nach, dass der Durchschnitt im Sinne des arithmetischen Mittels der Daten von 2016 bis 2020 bei 1.002.912 liegt. Schon daran ist der Unterschied zu 2020 zu sehen, denn die Zahl der Todesfälle in 2021 liegt deutlich höher als der Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre, genau gesagt um 17.193 höher. Gemessen am Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2020 liegt also eine Übersterblichkeit im Bereich zwischen 17.000 und 18.000 Todesfällen, also zwischen 1,7 % und 1,8 % vor. Das ist zunächst nicht übermäßig viel, wenn auch deutlich mehr als im ersten Jahr der seltsamen Pandemie, in dem es keine Übersterblichkeit gab. Die gab es aber auch nicht im ersten Halbjahr 2021; der ohne Zweifel harte Januar 2021 wurde durch die nachfolgenden Monate ausgeglichen, was die Vermutung nahelegt, dass im Januar viele Todesfälle stattfanden, die man unter anderen Umständen im Lauf der nächsten fünf Monate hätte verzeichnen müssen. Da nun also das erste Halbjahr 2021 ingesamt keine Auffälligkeiten zu bieten hat, das gesamte Jahr 2021 aber ein gewisses Maß an erhöhter Sterblichkeit, kann man vermuten, dass das zweite Halbjahr nicht ganz so günstig verlaufen ist.
Das erste Halbjahr 2021 wies 509.660 Todesfälle auf, das zweite 510.445. Während aber die Zahl des ersten Halbjahres nicht nennenswert vom Durchschnitt der vorangegangenen fünf Jahre abweicht, sieht das im zweiten Halbjahr anders aus. Zieht man nämlich die altersnormierten Sterbezahlen des jeweils ersten Halbjahres von denen des gesamten Jahres ab, so erhält man die entsprechenden Werte des zweiten Halbjahres und stellt fest, dass der Durchschnitt der normierten Sterbezahlen für die Jahre von 2016 bis 2020 bei 490.313 Todesfällen liegt. Somit übersteigen die realen Todesfälle des zweiten Halbjahres 2021 den Durchschnittswert um etwa 20.000, das sind dann nicht mehr 1,8 % wie im gesamten Jahr, sondern immerhin knapp über 4 %. Die zusätzlichen Sterbefälle dürften also in der zweiten Hälfte von 2021 stattgefunden haben, und man darf sich daran erinnern, dass im Juni 2021 die Priorisierungsregeln für die Covid-Impfungen aufgehoben wurden, weshalb sich im zweiten Halbjahr jeder impfen lassen durfte, der das wollte.
Nun kann man noch einen genaueren Blick auf die einzelnen Altersgruppen werfen, die vielleicht Aufschluss darüber geben können, wie sich die zusätzlichen Todesfälle aufschlüsseln lassen. Ich verwende hier die Gruppen von 0 bis unter 35 Jahren, von 35 bis unter 75 Jahren und ab 75 Jahren, selbstverständlich sind auch andere Aufteilungen möglich. Die Zahlen der Todesfälle lassen sich sowohl für das Jahr 2021 als auch für die altersnormierten vorherigen Jahre genauso berechnen wie vorher, nur dass man eben nicht über alle Altersgruppen summiert, sondern nur über die angegebenen Teilgruppen.
Die zusätzliche Sterblichkeit im gesamten Jahr 2021 hat nichts mit der Altersgruppe zwischen 0 und 35 Jahren zu tun und wenig mit der Gruppe ab 75 Jahren, sie konzentriert sich auf die Menschen von 35 bis unter 75 Jahren, bei denen die Übersterblichkeit etwa 4,8 % erreicht; es handelt sich hier um annähernd 14.000 zusätzliche Todesfälle in dieser Gruppe. Man bedenke, dass das durchschnittliche Alter der Covid-Toten über 80 liegt.
Doch der große Teil des überdurchschnittlichen Sterbegeschehens spielte sich ja im zweiten Halbjahr 2021 ab, und auch hier lohnt ein Blick auf die Gruppendaten. Im ersten Halbjahr sah das folgendermaßen aus.
In der unteren und der höheren Altersgruppe sind weniger Menschen gestorben als im Durchschnitt der vorhergehenden Jahre, in der mittleren dagegen etwa 2,7 % bis 2,8 % mehr. Da sich in dieser Gruppe aber für das gesamte Jahr etwa 4,8 % feststellen lassen, muss sich wohl im zweiten Halbjahr einiges getan haben. Und das ist tatsächlich der Fall.
In allen Gruppen sieht man nun positive Raten, in der mittleren Gruppe allerdings besteht eine ausgeprägte Übersterblichkeit von etwa 7 %, das entspricht fast 10.000 zusätzlichen Todesfällen in dieser Gruppe.
Und auch innerhalb des zweiten Halbjahres gibt es eine steigende Tendenz, denn die erhöhte Sterblichkeit in der gesamten Bevölkerung verteilt sich nicht gleichmäßig über sechs Monate, sondern ist von September bis Dezember von knapp über 3 % auf 10 % bis 12 % gestiegen. Man kann das sehen, indem man die monatlichen Zahlen der Jahre 2016 bis 2020 so behandelt wie oben beschrieben und dann die Durchschnittswerte mit den Werten des Jahres 2021 vergleicht.
Es ist Zeit für ein Fazit.
- Im Jahr 2020 gab es keine Übersterblichkeit, 2021 dagegen schon. Sie liegt, gemessen am Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2020, zwischen 17.000 und 18.000 Todesfällen, also zwischen 1,7 % und 1,8 %. Sie beruhte im Wesentlichen auf den zusätzlichen Todesfällen der Menschen zwischen 35 und 75 Jahren, wobei das mittlere Alter von Covid-Todesfällen höher liegt.
- Im ersten Halbjahr 2021 gab es insgesamt keine Übersterblichkeit.
- Im zweiten Halbjahr 2021 gab es insgesamt eine Übersterblichkeit von etwa 4 %. Die Altersgruppe der Menschen zwischen 35 und 75 Jahren weist dagegen eine Rate von 7 % auf. Von den annähernd 14.000 zusätzlichen Todesfällen dieser Gruppe, die man im gesamten Jahr verzeichnen muss, fanden annähernd 10.000 im zweiten Halbjahr statt.
- Seit September 2021 gibt es eine steigende Tendenz der Übersterblichkeit.
Wo kommen sie nun her, die zusätzlichen Todesfälle, die sich zu großen, vielleicht auch übergroßen Teilen weder bei den sehr jungen noch bei den sehr alten Menschen finden? Es könnten Covid-Tote sein, man kann es nicht völlig ausschließen, obwohl die ermittelte Altersstruktur der zusätzlichen Toten dagegen spricht. Die Arbeitsverweigerung des RKI in Bezug auf die tatsächliche Anzahl der Covid-Toten macht eine zahlenmäßige Beurteilung schwer bis unmöglich. Plausibel ist es nicht. Man darf nicht vergessen, dass vom Anfang der sonderbaren Pandemie bis Ende Juni 2021 kein auffälliges Sterbegeschehen zu verzeichnen ist; die Konzentration auf einzelne Zeiträume wurde durch spätere geringere Werte wieder ausgeglichen. Aber selbst wenn es sich um Covid-Tote handeln sollte, ist das kein gutes Zeichen für die getroffenen Maßnahmen, insbesondere für die Impfung, denn vor allem letztere kann dann keine übermäßige Wirkung erzielt haben. Ohne Impfung oder mit vergleichsweise geringer Impfquote hat man keine Übersterblichkeit, und kaum kommt die Impfkampagne richtig in Fahrt, steigt auch die Zahl der Covid-Toten bis hin zum Effekt der Übersterblichkeit? Das würde für eine negative Wirkung der Maßnahmen, vor allem der Impfung sprechen.
Vielleicht sind es aber auch keine Covid-Toten. Die einzigen ernsthaften Unterschiede zwischen 2021 und den vorhergehenden Jahren liegen darin, dass die 2020 begonnenen Maßnahmen sich schon mindestens ein Jahr lang, im Falle des zweiten Halbjahres sogar schon etwa anderthalb Jahre auf die Gesundheit der Menschen ausgewirkt haben, und dass durch das ganze Jahr 2021 hindurch geimpft wurde. Man müsste also davon ausgehen, dass die zusätzlichen Todesfälle weitgehend genau diesen Unterschieden, also den viel zu lange andauernden Maßnahmen einschließlich der Impfung zuzuordnen sind. Und auch, wenn es sich um eine Mischung aus beiden Szenarien handeln sollte, ist die Kombination von negativer Wirkung der Maßnahmen auf die Zahl der Covid-Toten und direkter tödlicher Wirkung der Maßnahmen verschiedenster Art nicht unbedingt ein Zeichen einer erfolgreichen Strategie.
In seinem Buch „Sterntagebücher“ lässt der polnische Science-Fiction-Autor Stanislaw Lem seinen Protagonisten einen Besuch in einer Klinik für psychisch kranke Roboter absolvieren. Im Park der Klinik trifft er auf einen Patienten. „Als ich die Laube verlassen hatte“, lässt Lem seinen Ich-Erzähler berichten, „sah ich eine Zeitlang den Schwänen zu. Neben mir warf ein Sonderling den Tieren kleine Drahtstücke zu. Ich sagte ihm, dass die Schwäne das nicht fressen.“
»Mir liegt nichts daran, dass sie das fressen«, erwiderte er und fuhr in seiner Beschäftigung fort.
»Aber sie könnten ersticken, es wäre schade«, sagte ich.
»Sie werden nicht ersticken, denn der Draht geht unter. Er ist schwerer als das Wasser«, erläuterte er sachlich.
»Warum werfen Sie ihn dann hinein?«
»Weil ich gern Schwäne füttere.«
„Das Thema war erschöpft.“
Etwas tun, nicht etwa, weil es sinnvoll ist, sondern weil man es kann oder weil man es gerne tut, und sich damit herausreden, dass es keine Schäden herbeiführen kann: So geht nicht nur Lems fiktiver Patient vor, so arbeitet auch die deutsche Regierung.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.
Text: Gast
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